Das internationale Netzwerk des türkischen Islam-Predigers Fethullah Gülen war den allermeisten Deutschen vor dem Putschversuch in der Republik am Bosporus Mitte Juli völlig unbekannt. Nun weiß auch der tägliche Konsument von Nachrichten hierzulande, dass der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und der in den USA exilierte Gülen verfeindet sind. Entsprechend bekriegen sich die Anhängerschaften der beiden Islam-Prominenten. Und das wirkt sich im Bergischen Städtedreieck hinunter bis zur privaten Realschule Boltenheide aus, die dem Gülen-Netzwerk zugerechnet wird.
Die Ausbildungsstätte an der Grenze zwischen Wuppertal und Solingen begann im Schuljahr 2009/2010 ihren Lehrbetrieb. Von einigen Dutzend Kindern, die damals als erste Schüler beginnen konnten, war lediglich ein einziges deutscher Herkunft, die übrigen türkisch. Die Leitung der privaten Realschule beteuert stets, man wolle nicht als ein türkisch-islamisches Projekt wahrgenommen werden. Eine bewusste Öffnung zur hiesigen Mehrheitsgesellschaft sei die Marschroute. Schulträger ist der Solinger „Spektrum Bildungs- und Dialogverein“.
Das Wirken Fethullah Gülens lässt sich als ein Versuch der Etablierung eines „Islam der Moderne“ zusammenfassen. Seit den 1990er Jahren setzte der heute 75-jährige auf die Schaffung von eigenen Privatschulen und Studentenheimen in den Turkstaaten West- und Zentralasiens sowie weiteren islamisch geprägten Ländern. Das Gülen-Netzwerk umfasst ferner Medien wie Fernsehsen, Radio und Zeitung wie auch Unternehmen der Finanzbranche. Die Ansichten des gebürtigen Ostanatoliers sind unterdessen für Europäer befremdlich, da er beispielsweise für den Abfall vom Islam die Todesstrafe als einzig angebrachte Konsequenz erachtet. Die in Deutschland wirkende Soziologin Necla Kelek meint über Gülen, er vertrete nach außen „eine Art Islam light“, doch propagiere er „nach innen (…) einen machtbewussten islamischen Chauvinismus“.
„Dass das Gefolge von Recep Tayyip Erdogan auch in unserer Region zur Jagd auf die Gülen-Jünger bläst, ist von vorn bis hinten ein Unding!“, äußert der Solinger PRO-Deutschland-Ratsherr Stephan Hövels.
„Von mir aus können sich die beiden Gruppen in den Gebirgen Anatoliens bis aufs Messer bekämpfen, doch wir im Bergischen Land wollen nicht mit einem solchen Schwachsinn konfrontiert werden. Weder den Islam noch den Streit der türkischen Innenpolitik brauchen wir hierzulande. Aus Sicht unserer Bürgerbewegung PRO Deutschland wäre es begrüßenswert, würden alle politischen und/oder religiösen Vereinigungen des islamischen Orients umgehend sämtliche Aktivitäten in der Bundesrepublik einstellen. Organisationen wie DITIB, Milli Görüs, ‚Graue Wölfe‘, Gülen-Netzwerk etc. brauchen wir nicht und brauchen wir nochmals nicht!“